Atmen

Atmen

Die Atmung gehört zu den sechs sogenannten Pilates Prinzipien:

  • Atmen
  • Konzentration
  • Zentrierung
  • Präzision
  • Kontrolle
  • fließende Bewegung

Und obwohl Joseph Pilates nie von den „Pilates-Prinzipien“ spricht, benutzt und beschreibt er diese Begriffe sehr ausführlich in seinen beiden Büchern „Your Health“ (1934) und insbesondere in „Return to Life through Contrology“ (1945).

In „Your Health“ schreibt er im „Kapitel 8: First Educate the Child!“ „Before any real benefit can be derived from physical exercises, one must first learn how to breathe properly – this all-important function requires individual instruction, not only by precept but by example.“

Kapitel 8: Zuerst das Kind erziehen! „Bevor aus der körperlichen Betätigung ein echter Nutzen gezogen werden kann, muss man erst lernen, wie man richtig atmet – diese wichtige Funktion erfordert individuelle Anweisungen, nicht nur durch Vorgaben, sondern auch durch Beispiele.“   ★

Und in „Return to Life through Contrology“ schreibt er „To breathe correctly you must completely exhale and inhale, always trying very hard to ’squeeze’ every atom of impure air from your lungs in much the same manner that you would wring every drop of water from a wet cloth. When you stand erect again, the lungs will automatically completely refill themselves with fresh air.“

Um richtig zu atmen, müssen Sie vollständig ausatmen und einatmen. Dabei ist es immer sehr wichtig, jedes Atom unreiner Luft aus den Lungen zu quetschen, und zwar auf die gleiche Art und Weise, wie Sie jeden Tropfen Wasser aus einem feuchten Tuch wringen. Wenn Sie sich wieder aufrichten, füllen sich die Lungen automatisch mit frischer Luft

Eine Seite weiter heißt es Breathing is the first act of life, and the last. Our very life depends on it. Since we cannot live without breathing it is tragically deplorable to contemplate the millions and millions who have never learned to master the art of correct breathing. One often wonders how so many millions continue to live as long as they do under this tremendous handicap to longevity. Lazy breathing converts the lungs, figuratively speaking, into a cemetery for the deposition of diseased, dying, and dead germs as well as supplying an ideal haven for the multiplication of other harmful germs. Therefore, above all, learn how to breathe correctly. „

Atmen ist der erste Akt des Lebens und der letzte. Unser ganzes Leben hängt davon ab. Da wir nicht ohne Atem leben können, ist es sehr bedauerlich, darüber nachzudenken, daß Millionen und Millionen noch nie gelernt haben, die Kunst des richtigen Atmens zu beherrschen. Man fragt sich oft, wie viele Millionen mit dieser enormen Behinderung so lange leben. Durch nachlässiges Atmen werden die Lungen, bildlich gesprochen, in einen Friedhof für kranke, sterbende und tote Keime umgewandelt und bieten so einen idealen Ort für die Vermehrung anderer schädlicher Keime. Daher lerne vor allem richtig zu atmen.  ★

Als Pilates Lehrer beobachte ich häufig bei neuen Schülern und Anfängern, dass sie wenig Bewusstsein für ihr Atmen haben. Viele atmen sehr flach und wenn sie tief atmen wollen, ziehen sie häufig die Schultern hoch bei dem Versuch ihre Lungen mit viel Luft zu füllen.

Nun gibt es verschiedene Techniken und Hilfsmittel richtiges Atmen zu vermitteln.

  • Um das Bewusstsein für die Atmung zu wecken, eine Hand auf den Brustkorb und die andere Hand auf den Bauch legen. Beobachten wie sich die Hände heben und senken beim Ein- und Ausatmen. Versuchen tiefer, also „bis in den Bauch“ zu atmen – dann sollte sich die „Bauch“Hand mehr heben, als die „Brust“Hand.
  • Um wirklich tief einzuatmen und die ganzen Lungen mit Luft zu füllen: tief einatmen und die Arme heben, lang und „tief“ ausatmen, dabei die Arme senken und so lange ausatmen bis keine Luft zum Ausatmen mehr in den Lungen zu sein scheint, dabei rollt oder krümmt sich der Oberkörper automatisch ein Stück nach vorne … und dann noch ein bisschen mehr ausatmen. Der Impuls zum Einatmen kommt automatisch und heftig. Der Oberkörper richtet sich auf und die Lungen füllen sich mit Luft.

Wenn das Bewusstsein für das tiefe Ein- und das vollständige Ausatmen geweckt ist, übe ich mit meinen Schülern das bewusste Lenken des Atems. Denn häufig führen die oben beschriebenen Techniken zwar zu tieferem Atmen, aber auch dazu, dass die Körpervorderseite sich sehr stark öffnet und die Körpermitte (das viel besprochene Pilates Powerhouse) seine Stabilität verliert. Folgende Übungen helfen meinen Studenten:

  • Ein Tuch (Schal, Handtuch, etc. oder auch ein Thera©Band) um den unteren Brustkorb legen (dabei darauf achten, dass das Tuch glatt am Rücken aufliegt) und vorne überkreuzen. Mit beiden Händen halten und einen leichten Zug ausüben. Den leichten Widerstand, den das Tuch dem einatmenden Brustkorb leistet, lenkt die Aufmerksamkeit auf die Rückseite des Brustkorbes und hilft so, tief einzuatmen und trotzdem die Vorderseite der Körpermitte stabil zu halten.
  • Die Arme vor dem Brustkorb kreuzen und die Hände auf die Schulterblätter legen – sozusagen sich selber umarmen. Beim tiefen Einatmen spürt man die Bewegung des oberen hinteren Brustkorbes und die Dehnung zwischen den Schulterblättern.

Da zu flaches Atmen häufig mit einer schlechten Haltung (leicht nach vorne gebeugte Schultern und ein runder oberer Rücken) einhergeht (wobei sich darüber streiten lässt, was hier die Ursache und was die Wirkung ist), beobachte ich bei allen meinen Schülern schon nach wenigen Stunden eine wesentliche Verbesserung nicht nur des Atmens, sondern auch der gesamten Körperhaltung.

Deshalb, vor allem, lerne richtig zu atmen !

★ Da es „Your Health“ und „Return to Life through Contrology“ nicht in einer deutschen Übersetzung gibt, habe ich den Originaltext wiedergegeben. Allerdings habe ich zum besseren Verständnis die Textauszüge selber übersetzt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert