Ziehen Sie den Bauch ein!
Täglich Pilates hört sich sehr verlockend an, aber wo passt es so einfach in den normalen Alltag – zwischen Kinder, Arbeit, Haushalt, Freunde, … ?
Das hört sich dann doch schnell eher stressig als verlockend an.
Aber muss das so sein ?

Dieses „Problem“ ist kein neuzeitliches! Auch zu Pilates Lebzeiten stellte sich die Frage nach der Integration des Trainings in das tägliche Leben.
In den 1930er Jahren erschien ein Artikel im Collier’s Magazine mit der Überschrift ‚Cutting a Fine Figure‘ * („Eine gute Figur machen“).
*Etwas später, aber ebenfalls in den 1930er Jahren, erschien eine kürzere Version dieses Artikels unter demselben Titel im Reader’s Digest..
Die Autorin Marie Beynon Ray war durch den Hype, der damals um Joseph Pilates Studio in New York entstanden war, neugierig geworden auf seine Arbeit und den Menschen Joseph Pilates.
Josephs Klienten kamen aus den unterschiedlichsten Ecken: Tänzer vom New York City Ballett, Schauspieler und Sänger vom Broadway und aus der Oper, aber auch Boxer oder Verletzte, die Pilates als Reha nutzten und „normale“ Menschen, die fit werden oder bleiben wollten.
Die meisten besuchten sein Studio mehrmals die Woche und zu dieser Zeit hatte sein Studio eine volle Warteliste.
Wahrscheinlich war dies auch ein Grund für den Entwurf des ersten Wunda-Chair – eine kleinere und leichtere Form des Reformers, der Platz in den New Yorker Wohnungen finden konnte und somit geübten Reformer-Benutzern ein Training in den eigenen vier Wänden und unabhängig von Besuchen im Studio ermöglichte.
Joseph Pilates erläuterte Marie B.Ray nicht nur seine Methode und deren Resultate und Ziele. Vielmehr legte er großen Wert auf die nachhaltige Veränderung oder Korrektur körperlicher Disbalancen und Fehlhaltungen, die er dem modernen Lebensstil (vor allem) der Stadtbevölkerung (viel sitzend – wenig Bewegung) und ihrer Ernährungsweise (fast Food) zuschrieb.
Contrology (so nannte er seine Methode) finde nicht nur in seinem Studio statt, sondern jeder Contrology-Student nimmt diese Methode in sein tägliches Leben mit.
Die Kernpunkte sind:
- Bewußt tief atmen (Zwerchfell- und Brustwirbelsäulendehnung)
- Aufrecht gehen, stehen und sitzen (Streckung der Wirbelsäule – two-way-stretch)
- Sich täglich draußen bewegen (Joseph ging selber jeden Tag weite Strecken durch Manhattan)
- Soviel frische Luft und Sonne, wie möglich an den Körper lassen
Auf die Frage der Reporterin, ob er nicht für ihre Leser einen einfach umzusetztenden Tipp hätte, wie sie ihr Haltung und damit ihre Gesundheit stärken und unterstützen könnten, antwortete er kurz und knapp:
„Pull your abdomen in!“
(„Ziehen Sie den Bauch ein!“)
Und das ist die sehr schneidige und kurze Zusammenfassung folgender Übung:
- Richte dich auf
- zieh den Bauch ein
- schieb das Becken nach vorne (ohne den Po besonders anzuspannen, aber so dass die Wirbelsäule noch länger wird)
- lass die Knie locker (nicht beugen und nicht durchstrecken!)
- atme tief und gleichmässig
- und halte das Ganze so lange wie möglich!
Ziel ist es, in dieser Haltung bis 100 zu zählen – und diese Übung regelmässig machen, damit sie zur Gewohnheit werden kann … wie das Atmen!
Natürlich möchte und sollte man nicht ständig mit eingezogenem Bauch herumlaufen (das wäre auch kontraproduktiv!)
Aber die selbstverständliche Aktivierung des körpereigenen „Korsetts“, verbunden und im Einklang mit der bewußten Atmung, ist ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der gesamten Körperhaltung.
„Leben braucht Bewegung, und das ist nicht nur Anspannung oder Entspannung, sondern der rhythmische Wechsel zwischen beiden.“
Dr.Helga Pohl
Also, wenn keine Matte zur Hand ist und die Zeit nicht für eine tägliche Pilates Einheit reicht, dann nehmt euch Joes Ratschlag zu Herzen:
Zieht den Bauch ein!
